Alfred Wegener und das AWI

50 Jahre alt wurde Alfred Wegener, der von seiner dritten Grönland-Expedition nicht zurückkehrte. Als bedeutender Polarforscher und Geowissenschaftler ist er der Namensvetter des Alfred-Wegener-Instituts (AWI).

Mit seiner Theorie von der Entstehung der Kontinente und Ozeane durch die Kontinentalverschiebung wurde Wegener, der am 1. November 1880 geboren wurde, weit über die deutschen Grenzen hinaus bekannt. Die Theorie ist grundlegend für das heutige Verständnis der Plattentektonik, wurde allerdings zu Wegeners Lebzeiten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern größtenteils abgelehnt. Obwohl er bereits im Jahr 1912 öffentlich darauf hinwies, dass die Kontinente einst zusammengehörten, schenkte die Fachwelt seiner Theorie erst lange nach seinem Tod Beachtung.

Die erste und zweite Grönlandfahrt

Alfred Wegener vor Expeditionszelt
© Archiv für deutsche Polarforschung, Nachlass von Johannes Georgi, Signatur: NL_3_FA_Nr.3

Bereits sechs Jahre zuvor – von 1906 bis 1908 – begab sich Wegener, der Physik, Meteorologie und Astronomie studiert hatte, auf seine erste Expedition nach Grönland. Unter der Leitung des Dänen Ludvig Mylius-Erichsen führte Wegener meteorologische Untersuchungen mit Drachen und Fesselballons in einer Höhe von bis zu 3.000 Metern durch und sammelte so neue Daten über das arktische Klima und die Wetterentwicklung. Die Forschungsergebnisse beeinflussten seine Arbeit in den kommenden Jahren stark.

Auf dieser Reise lernte er Johann Peter Koch kennen, einen Gletscherforscher, unter dessen Leitung im Jahr 1912 eine erneute Expedition in die Arktis folgte. Gemeinsam mit zwei weiteren Teilnehmern überwinterten sie zum ersten Mal in der Arktis und durchquerten anschließend Grönland von Ost nach West. Die zweite Expedition hatte – ähnlich wie Wegeners erste Reise – den Zweck, wissenschaftliche Untersuchungen anzustellen. Im Nordosten Grönlands sammelte er zahlreiche Daten über die Gletscher und das Klima. Die Beobachtungen und Messungen flossen später in zahlreiche Werke Wegeners ein, die er im Laufe seines Lebens veröffentlichte.

Wegeners wissenschaftliche Arbeit

1915 erschien Wegeners Hauptwerk „Die Entstehung der Kontinente und Ozeane“. In diesem beschreibt er, wie große Kräfte die Kontinente im Laufe der Erdgeschichte auseinanderzogen und sich so die Erdteile bildeten, wie wir sie heute kennen. Bis zu diesem Zeitpunkt nahm ein Großteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an, dass die Kontinente unbeweglich seien. Wegener nahm bereits damals an, dass verschiedene physikalische Kräfte auf den Urkontinent wirkten und ihn so auseinanderdriften ließen. Trotz plausibler Erklärungen blieb die Theorie der Kontinentalverschiebung weitgehend unbeachtet.

Letzte Fahrt ins ewige Eis

Wegener aber ließ sich durch die kritischen Äußerungen zu seinen Theorien nicht von seinem Weg abbringen und versuchte stetig, sein Wissen auszubauen. Im Jahr 1930 begab er sich auf seine letzte Expedition nach Grönland. Das Ziel war, über das gesamte grönländische Inlandeis hinweg mithilfe von Messstationen fortlaufend geophysikalische und meteorologische Daten zu sammeln. Dafür errichteten er und sein 20-köpfiges Team drei zentrale Stationen, von denen jeweils eine an der Ost- und Westküste und eine in der sogenannten „Eismitte“ aufgebaut wurden.

Die Expedition wurde jedoch von zahlreichen Problemen begleitet. Zu dickes Eis verzögerte das Durchkommen, die finanziellen Mittel reichten nicht aus und die Propellerschlitten schafften es nicht, den Neuschnee zu durchbrechen. Gemeinsam mit Fritz Loewe und Rasmus Villumsen machte sich Wegener schließlich selbst auf den Weg nach „Eismitte“, um die Station mit Proviant auszurüsten. Von dort aus brach Wegener an seinem 50. Geburtstag mit Villumsen zur Station an der Westküste auf – aber keiner von beiden kam jemals dort an. Erst im Mai 1931 entdeckte eine Suchexpedition das Grab Wegeners, das sein Gefährte sorgfältig angelegt hatte. Er starb vermutlich um den 16. November 1930. Villumsen selbst blieb verschollen.

Das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven

Wegeners unstillbarer Wissensdurst bewegte ihn Zeit seines Lebens immer wieder dazu, Forschungsreisen trotz schwieriger Umstände fortzuführen und möglichst viele Daten über Klima und Wetter in der Arktis zu sammeln. Ein Ziel, das auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des gleichnamigen Forschungszentrums verfolgen. Das Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar und Meeresforschung wurde 1980 gegründet und beschäftigt sich besonders in den kältesten Regionen der Welt – also in Arktis und Antarktis – mit der Erforschung ihrer Rolle im globalen Klimasystem. Als Forschungszentrum gehört es zur Helmholtz-Gemeinschaft – der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, die langfristige Forschungsziele der Gesellschaft und des Staates verfolgt.

AWI-Campus in Bremerhaven
© Alfred-Wegener-Institut/Lars Grübner

Das AWI selbst beschäftigt im Hauptsitz Bremerhaven und in den drei Außenstellen Potsdam, Sylt und Helgoland mehr als 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben der Forschung in den Polargebieten sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts auch in deutschen Küstenregionen und der Nordsee unterwegs, um die Atmosphäre, das Klima und ihre weltweiten Auswirkungen zu erforschen. Weil die Polar- und Meeresforschung auch eine logistische Herausforderung ist, verfügt das AWI über eine exzellente Infrastruktur, die sie der nationalen und internationalen Wissenschaft zur Verfügung stellt. Hierzu gehören mehrere Forschungsschiffe, Forschungsflugzeuge und Forschungsstationen in Arktis und Antarktis.

Um die Untersuchungen zu vertiefen, beteiligt sich das AWI an vielen internationalen Forschungsexpeditionen – zum Beispiel ab Herbst 2019 am Projekt „Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate“ (MOSAiC). Hier wird sich der Forschungseisbrecher POLARSTERN mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 17 Nationen im Eis einfrieren lassen, um sich dann mit der Drift treiben zu lassen. Bei dieser Expedition sollen unter anderem wertvolle Daten über den arktischen Winter gesammelt werden.